Über 200 Schüler auf Ausbildungstour durch die Glasregion ARBERLAND
Netzwerk Glas wirbt um Nachwuchskräfte für die Glasbranchen
Regen. Glas ist ein faszinierender Werkstoff und bietet viele Facetten. Auch bei der Ausbildung. 30 Ausbildungsberufe rund ums Glas wurden im Rahmen einer Ausbildungstour des Netzwerkes Glas durch die Glasregion ARBERLAND vorgestellt. Dabei konnten die 200 teilnehmenden Jugendlichen insgesamt neun Glasunternehmen kennen lernen und ein wenig Firmenluft schnuppern. „Mit dieser Ausbildungstour wollen wir unsere Glasbetriebe bei der Fachkräftegewinnung unterstützen“, erklärt Herbert Unnasch, Geschäftsführer der Kreisentwicklungsgesellschaft ARBERLAND REGio GmbH, unter dessen Dach das Netzwerk Glas seit 2015 firmiert. Auch Landrat Michael Adam begrüßt die Initiative der Ausbildungstour sehr: „Durch die Schließung von Glashütten ist das Thema Glas zu Unrecht negativ belegt. Mit dieser Ausbildungstour wollen wir zeigen, wie zukunftsträchtig die Glasbranchen sind und dass es hier vielfältige Möglichkeiten gibt, einen tollen Beruf mit guten Karriereaussichten zu ergreifen.“
Die Ausbildungstour des Netzwerks Glas startete im vergangenen Jahr zum ersten Mal mit einem einzigen Bus und 50 jungen Menschen. Die Attraktivität der Tour hat sich zwischenzeitlich herumgesprochen: Heuer kamen bereits über 200 Schüler, die auf vier Busse verteilt wurden und die zwei Touren durch die Glasregion absolvierten. Insgesamt konnten neun Unternehmen und die Glasfachschule Zwiesel besucht werden.
Die erste Tour führte zunächst zur Glasmanufaktur von Poschinger in Frauenau, die 2016 zur Deutschen Manufaktur des Jahres gekürt wurde. Dort wurden den Teilnehmern manuelle Fertigungstechniken und mundgeblasenes Glas gezeigt. Die Jugendlichen waren beeindruckt von der knapp 450-jährigen Glastradition, für die die Jubiläumsvorbereitungen bereits begonnen haben. Die Sonder- und Einzelanfertigungen werden bis nach Dubai geliefert und es wird großer Wert auf höchste Präzision gelegt. Derzeit sucht die Glasmanufaktur händeringend nach einem Holzformendreher.
Interessiert erkundeten die jungen Leute auch die Glasfachschule Zwiesel. Hier fanden sie ein modernes Berufsbildungszentrum für Glas und Optik mit den Schwerpunkten Industrie, Handwerk und Design vor. Stellvertretender Schulleiter Erwin Donnerbauer stellte die drei Säulen der Schule mit Alleinstellungsmerkmal in Deutschland vor: Die Berufsfachschule für Glas, die Berufsschule für Glas und Optik und die Fachschule für Glastechnik, Optik und Produktdesign. Es kann hier sogar das Fachabitur nachgeholt werden. Die schulgeldfreie Ausbildungsstätte bietet ein breites Ausbildungsspektrum vom Glasmaler, Glasveredler, Glasbläser, Glasmacher bis zum Produktdesigner, Glashüttentechniker und Optiker. In der Glasfachschule kamen auch Landrat Michael Adam und ARBERLAND REGio-Geschäftsführer Herbert Unnasch dazu und lobten das einmalige Angebot, das Glasfachschüler aus ganz Europa anzieht.
Weiter ging es zur Zwiesel Kristallglas AG. Dort bekamen die Jugendlichen von Felix Dolejsch in einem Filmbeitrag die Wichtigkeit und Vielfalt der Form des Rot- und Weißweinglases gezeigt. Die Zwiesel Kristallglas AG achtet bei der Produktion auch auf ein spezielles, streng gehütetes Mischverhältnis beim Rohstoff Glas, um es besonders bruchsicher zu machen. Dolejsch führte die Gruppe durch die Produktionshalle, wo vom heißen Tropfen Glas bis zum fertigen Trinkglas jeder Schritt der maschinellen Produktion beobachtet werden konnte.
Zu Gast waren die Teilnehmer der Tour 1 auch im Glasdorf Weinfurtner in Arnbruck. Richard Weinfurtner führte durch die Innovationsglashütte und informierte wie Flachglas hergestellt und verziert wird. Er verdeutlichte an seinen Werken, dass das Glas aus dem bayerischen Wald nicht als reiner Nutzgegenstand produziert wird, sondern mit viel Liebe zum Detail und viel Herzblut. Als Highlight der Tour durften die Schüler selbst einmal Glas blasen und stellten schnell fest, dass die Technik des Glasblasens sehr viel komplizierter ist, als es aussieht.
Letzte Station war die UAS Messtechnik GmbH in Viechtach. Sehr interessiert konnten die Teilnehmer hier industrielle Mess-, Steuer- und Regeltechnik erleben. Das Unternehmen stellt Befeuerungs- und Automatisierungstechnik zur Herstellung von Fensterglas, Glas für Solaranlagen und das ultradünne Glas für Smartphones her, was die Schüler besonders interessierte. Als innovatives, international anerkanntes Unternehmen bietet UAS Messtechnik den Schülern die Möglichkeit auch international tätig zu sein.
Auch die zweite Tour bekam viel zu sehen. Los ging es in der Glashütte Valentin Eisch in Frauenau. Hier zeigte Seniorchef Alfred Eisch die handwerkliche Glasherstellung und Glasveredelung und erklärte, dass sich der vor 70 Jahren gegründete Betrieb bewusst durch handwerkliches Können, künstlerisch wertvolle Stücke und innovative Produkte wie dem atmenden Glas oder dem nichttropfenden Dekanter von der Billigglasproduktion unterscheiden will. Mit viel Enthusiasmus zeigte er formschöne Karaffen und von Hand bemalte Schalen und erklärte, sein Unternehmen könne mit Qualität und Individualität überzeugen.
Auch Tour 2 besuchte die Glasfachschule, anschließend war sie zu Gast bei der Firma IWG Ingenieurbüro Wagenbauer Glasofenbau GmbH in Zwiesel. Zunächst stellten Heike Schneider und Azubi M. Heidenreich den Betrieb vor, danach durften die Jugendlichen sich auch in der Werkstatt umsehen. Die Firma IWG bietet Planung, Bau und Inbetriebnahme von Glasschmelzanlagen sowie Anlagenbau an. Technischer Leiter Markus Schreder betonte, man arbeite auf höchstem Niveau und bilde sich seinen hoch qualifizierten Nachwuchs daher selber aus, der auch in der Regel übernommen werde. Besonders einige Jungen interessierten sich sehr für eine Ausbildung und blickten den Praktikern in der Werkstatt und im technischen Zeichenbüro über die Schulter.
Äußerst beeindruckend war die Führung von Hermann Ritterswürden und Alexandra Geyermann durch die Galerie Ritterswürden in Zwiesel. Glasgestalter Hermann Ritterswürden präsentierte den Schülern seine einzigartigen Kunstwerke, die einzelne Glaselemente teils mit maritimen Fundstücken verbinden. In die Technik des Glasgravierens wurde die Gruppe von Grasgravurmeisterin Alexandra Geyermann eingeführt. Unter anderem stellt sie in einigen ihrer Kunstwerke ausgewählte Biographien dar.
Glas aus einem anderen Blickwinkel wurde bei der Firma Qioptiq GmbH & Co. KG in Regen gezeigt. Ausbildungsleiter Josef Eiter und Stellvertreter Anton Binder führten bei einem spannenden Betriebsrundgang die Entwicklung und Produktion innovativer Optiklösungen und photonischer Produkte vor. Beeindruckt waren die jungen Gäste, dass Qioptiq-Produkte nicht nur in der Medizin und Rüstung, sondern auch in der Raumfahrt verwendet werden. Auch das neue Bundeswehrflugzeug A400M enthält Produkte aus Regen. Die kleinste produzierte Linse ist lediglich zwei Millimeter groß.
Den Abschluss fand Tour 2 bei der schon weihnachtlich geschmückten Joska Kristallglas GmbH in Bodenmais. Dort durfte Teilnehmer Josef Weidacher unter Anleitung eines Glasbläsers selber eine Glaskugel blasen. Betriebsleiter Alois Adam informierte über die Glas- und Kristallwarenherstellung, die hauptsächlich in der Glashütte im Ortsinneren von Bodenmais geschieht. Vor Ort konnten sich die jungen Leute über die Glasveredelung und die Pokalanfertigung informieren und waren begeistert, wie viele Sport-Events mit Pokalen aus Bodenmais ausgestattet werden. Dabei machte Adam deutlich, dass man im Handwerk nicht so schnell auslernt: So dauert die Ausbildung zum Glasbläser drei Jahre. Doch bis man wirklich alle Fertigkeiten besitzt, können laut dem Betriebsleiter rund zehn Jahre vergehen.
Regionalmanager Stephan Lang, der zusammen mit Projektassistentin Andrea Kreitmayr für die Ausbildungstour verantwortlich ist, zog am Ende der Rundfahrt ein positives Fazit: „Wir konnten den Jugendlichen ein spannendes und vielseitiges Bild vom Arbeiten mit Glas vermitteln.“ Auch die Schüler waren begeistert. „Ich kann mir vorstellen, einen künstlerischen Beruf zu ergreifen, der mit Glas zu tun hat, ich zeichne schon jetzt total gern und viel“, so Schülerin Samantha Friedl. Ihre Freundin Elena Vazques war dagegen eher fasziniert von der technischen Seite des Ausbildungstages: „Ich hab das von meinem Vater, ich habe schon immer viel mit Maschinen zu tun gehabt.“ Josef Weidacher war besonders fasziniert vom technischen Zeichnen am Computer und könnte sich vorstellen, hier eine Ausbildung zu absolvieren. Sehr interessiert war auch Asylbewerber Khaled Jamschieri, seit neun Monaten in Deutschland: „Ich möchte sehen, wie in Deutschland gearbeitet wird“, erklärt er. Nun will er sich um einen Praktikumsplatz in zwei Netzwerk Glas Betrieben bewerben.
Einen Überblick über die Ausbildungsberufe der Netzwerk Glas Betriebe finden Sie unter:
https://www.arberland-regio.de/de/ausbildungstour-durch-die-glasregion-arberland-2016/
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